Die Zukunft der Fachkräfteausbildung in Vorarlberg

V.E.M.-Vorsitzender Dr. Alfred Felder über Herausforderungen und Visionen

In dieser Jubiläumsausgabe des Technikland Vorarlberg Magazins spricht Dr. Felder, Vorsitzender der Vorarlberger Elektro- und Metallindustrie (V.E.M.), über die entscheidende Bedeutung der Ausbildung und langfristigen Bindung von Fachkräften. Er gibt Einblicke in die Strategien und Programme der V.E.M. und teilt seine Visionen für die Zukunft der Fachkräfteausbildung am Wirtschaftsstandort Vorarlberg.

Dr. Alfred Felder, Vorsitzender der V.E.M. respektive des V.E.M.-Arbeitgeberkomitees
Herr Dr. Felder, könnten Sie uns bitte einen Überblick über Ihre Rolle als Vorsitzender und die Aktivitäten der Vorarlberger Elektro- und Metallindustrie (V.E.M.) geben?

Dr. Felder: Als Vorsitzender der V.E.M. und des V.E.M.-Arbeitgeberkomitees repräsentiere ich die Interessen der Mitgliedsunternehmen und koordiniere verschiedene Initiativen zur Förderung der Elektro- und Metallindustrie in Vorarlberg. Unsere Aktivitäten umfassen die Förderung, Weiterentwicklung und Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen (Lehr-)Ausbildung. Wir unterstützen zentrale Bildungseinrichtungen in Vorarlberg, um den Nachwuchs in der technischen Branche langfristig zu sichern. Insgesamt geht es darum, unseren Wirtschaftsstandort zukunftsfit zu halten.

Wie wichtig ist die Ausbildung eigener Fachkräfte für die V.E.M. und welche Vorteile sehen Sie darin?

Dr. Felder: Die V.E.M. bildet derzeit in 120 Unternehmen rund 1.700 Lehrlinge in 30 Lehrberufen aus. Das zeigt den enormen Stellenwert der Lehre für die Vorarlberger Industrie. Die Ausbildung eigener Fachkräfte ist von zentraler Bedeutung, da die Elektro- und Metallindustrie der stärkste Wirtschaftsfaktor im Ländle ist. Die Vorteile liegen auf der Hand: maßgeschneiderte Ausbildungsund Karrierewege, stärkere und nachhaltige Bindung der Mitarbeitenden an die Unternehmen und die Sicherstellung eines kontinuierlichen Fachkräftenachwuchses.

Das klingt sehr beeindruckend. Was sind denn die größten Herausforderungen, denen die Mitgliedsunternehmen der V.E.M. bei der Sicherung ihrer eigenen Fachkräfte begegnen, und wie gehen sie damit um?

Dr. Felder: Die größten Herausforderungen sind der demografische Wandel und der verstärkte Wettbewerb um Talente. Die V.E.M.-Mitgliedsunternehmen begegnen diesen Herausforderungen durch Ausbildungsinitiativen, Kooperationen mit Bildungseinrichtungen und gezielte Marketingmaßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Branche. Unsere Bemühungen, verstärkt Mädchen und junge Frauen für technische Berufe zu begeistern, zeigen positive Resonanz. Beispielsweise ist die Metalltechnikerin bereits unter den TOP-10-Lehrberufen bei Mädchen auf Platz drei zu finden.

Welche Strategien und Programme hat die V.E.M. entwickelt, um ihre Lehrlinge nach Abschluss ihrer Ausbildung in den Unternehmen zu halten?

Dr. Felder: Die V.E.M.-Betriebe verfolgen individuelle Ansätze, aber unser Beitrag als V.E.M. ist es, mehr Bewusstsein für die Möglichkeiten innerhalb der Branchen zu schaffen, Vorurteile abzubauen und Karrierewege aufzuzeigen.

Und wie unterstützen die Unternehmen der V.E.M. ihre Mitarbeiter:innen nach der Lehre in ihrer weiteren beruflichen Entwicklung und Karriereplanung?

Dr. Felder: Es wird auf kontinuierliche Weiterbildungsmöglichkeiten und Förderprogramme für berufsbegleitende Studien Wert gelegt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Familienfreundlichkeit hat angesichts des Fachkräftemangels einen zentralen Stellenwert eingenommen.

Eine positive Unternehmenskultur spielt sicher auch eine wichtige Rolle. Wie sehen Sie das?

Dr. Felder: Absolut, eine positive Unternehmenskultur ist entscheidend. Unternehmen, die eine offene, unterstützende und wertschätzende Teamkultur pflegen, verhelfen ihren Mitarbeitenden zu Höchstleistungen.

Wie gehen die V.E.M.-Unternehmen auf die Bedürfnisse und Erwartungen der jüngeren Generationen, insbesondere Gen Z und Gen Alpha, ein, um sie für eine langfristige Karriere in der Elektro- und Metallindustrie zu gewinnen?

Dr. Felder: Flexible Arbeitsmodelle, moderne Arbeitsumgebungen und neueste Technologien sowie sinnstiftende Tätigkeiten sind gefragt. Die V.E.M.-Unternehmen bieten attraktive Rahmenbedingungen und die Möglichkeit, international aktiv zu werden, um im Rahmen des Berufes die Welt zu entdecken.

Die kürzlich abgeschlossene Studie der HSG „Mehr Frauen in der Vorarlberger Industrie“ ist ebenfalls sehr spannend. Welche wesentlichen Erkenntnisse wurden dabei gewonnen und wie tragen diese zur Strategie der V.E.M. bei?

Dr. Felder: Die Studie zeigt ein breites Maßnahmenpaket an möglichen Lösungsansätzen hinsichtlich des Potenzials von Frauen in der Vorarlberger Industrie auf. Es ist wissenschaftlich belegt, dass diverse Teams erfolgreicher sind. Projekte im Rahmen der Berufsorientierung und die entscheidende Rolle von weiblichen Bezugspersonen in der Ausbildung sind einige wesentliche Erkenntnisse, die zur strategischen Ausrichtung der V.E.M. beitragen.

Und was sind die „Next Steps“ nach dieser Studie?

Dr. Felder: Zurzeit analysieren und prüfen wir die Einführung eines Tools für das Diversity-Benchmarking. Anhand von Kennzahlen werden die Potenziale im Branchenvergleich transparent gemacht, um besser zu verstehen, wann und warum wir weibliche Mitarbeiterinnen gewinnen oder verlieren.

Zum Abschluss: Was sind Ihre Zukunftsvisionen für die Fachkräfteausbildung und -sicherung am Wirtschaftsstandort Vorarlberg?

Dr. Felder: Meine Vision ist die kontinuierliche Weiterentwicklung Vorarlbergs als führendes Zentrum für die technische Lehrausbildung. Dies soll durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Industrie, Bildungseinrichtungen und der Politik erreicht werden. Ziel ist es, ein Ausbildungsumfeld zu schaffen, das sowohl lokale Talente fördert als auch internationale Fachkräfte anzieht und Vorarlberg damit zu einem chancenreichen Lebens und Wirtschaftsraum entwickelt.